Bonding: Haut auf Haut ins Leben starten
Schwangerschaft & Geburt
Haut auf Haut beginnt die innigste Liebesgeschichte, die das Leben schreiben kann: Die einmalige Bindung zwischen Eltern und Kind. Wie Bonding funktioniert und wie gut es Baby und Eltern tut, lesen Sie in diesem Beitrag.
Geborgenheit, Wärme, Liebe. Bonding ist im Grunde genommen das Natürlichste der Welt und legt einen wichtigen Grundstein für die emotionale Beziehung zwischen dem Neugeborenen und seinen Eltern. Auf der nackten Haut der Mama liegend, hört das Baby den vertrauten Herzschlag, nimmt Mamas Geruch und ihre Stimme wahr und fühlt die Wärme ihres Körpers.
Der Begriff „Bonding“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „zusammenkleben“ oder „verbinden“. Bonding ist jedoch nicht nur eine kurze Phase unmittelbar nach der Geburt, in der Mutter und Kind so früh wie möglich in Hautkontakt gehen und sich miteinander verbinden. Es beginnt bereits während der Schwangerschaft und bereichert die ersten Lebensjahre, die von ganz viel Körperkontakt und Zärtlichkeit geprägt sind.
Bonding nach einer Spontangeburt
Im Mittelpunkt des Bondings steht das erste Kennenlernen unmittelbar nach der Geburt, das unsere Hebammen bereits im Entbindungszimmer intensiv fördern und unterstützen. Wenn man sich vorstellt, dass ein hilfloses kleines Wesen aus dem geschützten, warmen Mutterleib eine anstrengende Reise ins Leben überstanden hat, scheint es nur logisch, dass es in der lauten, grellen, neuen Welt nichts so sehr braucht wie den Schutz und die Körperwärme seiner Mama. Sofern es die Situation zulässt, legt die Hebamme das Baby direkt nach der Geburt auf den Bauch-Brustbereich der Mutter und bezieht auch den Vater aktiv in das erste Kennenlernen mit ein. Wir geben Ihnen Zeit, damit Sie in aller Ruhe langsam und wortwörtlich begreifen können, dass das neue Leben da ist und alle in Sicherheit vereint sind.
Bonding nach einem Kaiserschnitt
Auch Frauen, die eine Geburt mittels Kaiserschnitt erleben, kommen in unserer Klinik in den Genuss eines gelungenen Bondings. Unser OP-Team reduziert medizinische Tätigkeiten auf ein Minimum, sodass das Baby, nachdem es geholt wurde, sofort mit der Mama in direkten Hautkontakt gehen kann. Während der Wundversorgung übersiedelt das Baby mit dem Papa in eines unserer behaglichen Entbindungszimmer und darf auf der nackten Brust des Papas kuscheln. Sobald die Mutter fertig genäht und versorgt wurde, wechselt das Baby wieder von Papas auf Mamas nackte Haut. Viele Neugeborene suchen dann bereits nach der Brust und möchten trinken.
Kuschelzeit am Zimmer
In der ruhigen, warmen Atmosphäre unserer Zimmer können sich Mama, Papa und Baby in aller Ruhe kennenlernen. Babys lieben es, wenn sie sich geschützt und sicher fühlen - und das gelingt am besten über direkten Hautkontakt, über liebevolle Berührungen, sanfte Sprache und Blickkontakt. Die Bindungsforschung belegt, dass Kinder diese frühe, schöne Erfahrung bereits abspeichern.
Positive Effekte für Mama, Baby und Papa
Die ganz besonderen ersten Stunden nach der Geburt sind heute in verschiedenen Studien beforscht. Es zeigt sich, dass Mütter eine innigere Bindung zu ihrem Kind haben und seltener unter Wochenbettdepressionen leiden, wenn sie früh mit ihrem Kind in Hautkontakt gehen können. Bonding stärkt außerdem das Vertrauen in die mütterlichen und väterlichen Fähigkeiten, da Eltern intuitiv lernen, auf die Bedürfnisse ihres Babys zu reagieren.
Eine wesentliche Rolle spielt dabei das durch das Kuscheln ausgeschüttete „Liebeshormon“ Oxytocin: Diese mächtige „Naturdroge“ sorgt nicht nur dafür, dass wir uns unsterblich in unser Baby verlieben, sondern fördert die Milchbildung und wirkt in Kombination mit anderen Hormonen, die den Körper der Frau durchfluten, schmerzlindernd. Mütter erholen sich besser und fühlen sich ausgeglichener.
Gut gebondete Babys wiederum können sich leichter an das Leben außerhalb des Mutterleibs anpassen: Sie sind in der Lage, ihre Körpertemperatur besser zu regulieren, haben stabilere Blutzuckerwerte, weniger Schwierigkeiten beim Trinken und sind allgemein entspannter.
Wie Sie Bonding aktiv gestalten können, haben wir hier für Sie zusammengefasst:
Bonding im Bauch
Nehmen Sie sich bereits in der Schwangerschaft bewusst Zeit für liebevolle Bauchmassagen und sprechen Sie mit Ihrem noch ungeborenen Baby. Gönnen Sie sich angenehme Wohlfühlmomente, in denen Ihr Körper und Ihr Kind bewusst im Mittelpunkt stehen.
Haut auf Haut
Ermöglichen Sie Ihrem Baby im ersten Lebensjahr sooft es nur geht direkten Hautkontakt mit Mama und Papa! Der Geruch der Eltern, ihre Stimmen und die Wärme ihrer Körper beruhigen das Baby. Kuscheln, schmusen, berühren, streicheln, Bauch massieren, eincremen, baden – all das tut dem Baby unheimlich gut. Gerade auch Papas sollten sich viel Zeit zum Kuscheln nehmen. Im intensiven Hautkontakt entwickeln Sie und Ihr Baby eine ganz besondere Hormonausschüttung, die Ihnen hilft, ganz schnell ein gutes Bauchgefühl für die Bedürfnisse Ihres Kindes zu entwickeln.
Verwöhnen gibt es nicht
Babys können nicht verwöhnt werden! Sie brauchen es, gehalten, getragen und geliebt zu werden. Co-Sleeping, z.B. im Familienbett, ist eine wunderbare Erfahrung, die Sie und vor allem Ihr Baby genießen werden.
Halten und Tragen
In den Armen der Eltern fühlt sich das Baby sicher. Gerade in den ersten Lebenswochen sollten Sie Ihr Baby viel tragen und in den Armen wiegen – ob im Bett, im Sitzen, beim Herumgehen. Gehalten zu werden, gibt Ihrem Baby Sicherheit und Geborgenheit.
Stillen oder Füttern
Wenn Sie Ihr Baby stillen, genießen Sie eine ganz besondere Nähe zu Ihrem Kind. Darüber hinaus wirkt sich Stillen außerordentlich positiv auf Mutter und Kind aus.
Wenn Sie Ihr Baby nicht stillen, geben Sie ihm das Fläschchen an der nackten Haut/Brust – auch wenn Papa es füttert.
Ruhe
Die erste Zeit gehört nur Ihnen und Ihrem Baby! Gehen Sie im eigenen Interesse und aus Rücksicht auf Ihr Kind vor allem im Wochenbett im Krankenhaus, aber auch danach zu Hause sehr sparsam mit Besuch um. Während der Pandemie und des Besuchsverbots durften wir die Erfahrung machen, dass sowohl die Mütter, aber vor allem auch die Babys weitaus entspannter, zufriedener und gesünder waren als im üblichen Besuchstrubel. Gönnen Sie sich diese Zeit und seien Sie im besten Sinne egoistisch – Ihr Baby wird es Ihnen danken!
Sprechen und Blickkontakt
Es beruhigt Babys ungemein, wenn sie die sanfte Stimme ihrer Eltern hören, die sie ja bereits aus dem Bauch kennen. Reden Sie darum oft mit Ihrem Baby, erzählen Sie ihm, was Sie gerade tun, was Sie vorhaben, wie wunderbar Sie es finden. Sehen Sie Ihr Kind beim Sprechen an! Direkter Augenkontakt ist enorm wichtig – auch wenn man anfangs glaubt, die Zwerge merken das noch gar nicht. Die Kleinen nehmen es sehr wohl wahr!
Lächeln
Obwohl Sie es wahrscheinlich ohnehin tun: Lächeln Sie Ihr Baby an! Es wird Sie umwerfen, wenn es das erste Mal zurücklächelt.
Zeit und Liebe
Geben Sie sich Zeit, um Ihr Baby verstehen zu lernen und um sich an das neue Leben zu gewöhnen. Haben Sie keine Erwartungen an Ihr Baby oder an sich selbst. Sie wachsen in alles hinein und Sie spüren am allerbesten, was Ihnen und Ihrem Kind guttut.
Und noch etwas Wichtiges: Es ist völlig in Ordnung, wenn die Bindung zu Ihrem Kind, das Verliebtsein, erst wachsen muss! Profis können Sie mit viel Erfahrung und Empathie unterstützen! Jeder Mensch ist anders!
Rebonding: Bonding kann immer nachgeholt werden
Wenn die Geburt und die erhoffte Bondingphase nicht so waren, wie Sie es sich gewünscht haben: Bonding kann immer nachgeholt werden und ist genauso wertvoll!
Manche Papas brauchen mehr Zeit, um eine Bindung zum Baby aufzubauen. Auch das ist in Ordnung! Schließlich fehlen ihnen die Empfindungen der Schwangerschaft und der Geburt und manche brauchen einfach Zeit. Als integrative Wochenbettstation sind wir deshalb besonders bemüht, auch die Papas gut einzubinden.
Wir wünschen Ihnen eine magische erste Zeit mit Ihrem Baby und sind gerne für Sie da, wenn Sie Unterstützung und Rat brauchen!